Dienstag, 16. Juni 2009

Klappe die Vierte!

Können erfordert Erfahrung

3 Jahre ist es nun her, dass ich, Carlos Michael Meyer, das erste mal in Berührung mit dem Sport kam, der mein Leben so stark beeinflusst hat, wie nur wenige andere Sachen zuvor. Damals, es war der 16. Juni 2006, war mir nicht einmal bewusst, dass das, was für mich und einen Kumpel reines Rumgehüpfe war, andere - in einer stark weiterentwickelten Form - unter dem Namen Parkour kannten. Unserer Anlass war damals, dass wir beide auf einem Erwachsenen-Geburtstag waren und versuchten etwas unterhaltsameres zu finden, als den ewig langen und langweiligen Gesprächen dieser Erwachsenen zuzuhören. Wir waren zu dieser Zeit beide Opfer des Skate-Hypes; jedoch hatten wir weder unsere eigenen Boards dabei noch die Möglichkeit an welche ranzukommen. Also dachten wir uns, wir setzen die Tricks ohne Zubehör um und so war es: Wir grindeten, slideten, sprangen mit verschiedenen "Moves" und fassten das alles unter dem Namen XSF (= extreme skate-footing) zusammen. Diese neue Art des Skatens verbreitete ich unter meinen Freunden und es schloss sich der ein oder andere an. Nach ca. einem halben Jahr - wir hatten unser Können schon beträchtlich verbessert und planten bereits den Dreh unseres ersten Videos - sprach mich mein Vater, der uns einige Male beobachtet hatte, an und erzählte mir, er habe im Fernsehen eine Reportage über Leute aus Frankreich gesehen, die einen ähnlichen "Sport" betrieben, die jedes städtische Hindernis überwunden oder in ihren Lauf miteinbezogen. Ein wenig entäuscht, nicht der erste gewesen zu sein, der auf eine solche Idee gekommen ist, recherchierte ich im Internet: ohne Erfolg. Es wäre ja auch ein zu großer Zufall gewesen, dass die Franzosen es auch XSF genannt hätten... Ein paar Monate später bekam ich zufälligerweise von einem Freund ein Video mit dem Titel "Extreme Street Climbing" (der wahre Titel des Videos ist "A brothers' journey" von 3run, wie ich später herausfand), welches mein "Training" und das Ideal, dass ich anstrebte komplett veränderte. Ich fing an zu viel zu droppen und versuchte einige Bewegungen des Videos nachzuahmen. Die Folge waren meine ersten wirklich schweren Muskelkater... Obwohl dies das erste "Parkour"-Video war, das ich sah, war der Begriff "Parkour" noch nicht gefallen, jedoch öffnete es mir trotzdem in gewisser Weise die Augen, zeigte mir zu was der Mensch im Stande ist, allerdings leider ohne daraufhinzuweisen wieviel gewissenhaftes Training dahinter steckte.
Genau ein Jahr nach meinem ersten "Rumgehüpfe" - ich hatte einige Wochen vorher meinen ersten eigenen Internetanschluss erhalten - lud ich mein erstes "Parkour"-Video hoch und erfuhr so von dem deutschen Parkour-Forum, welches auch großen Anteil an meiner Entwicklung im Parkour hatte. Schon zwei Monate vorher, war in Kassel unter dem Dach des Vereins Dynamo Windrad ein regelmäßiges Parkour-Trainingsangebot in der Halle gestartet. Hier fand ich Gleichgesinnte und schloss Freundschaften, die teilweise noch bis heute halten bzw. noch enger geworden sind.

Mitlerweile - ich habe heute auf den Tag genau seit 3 Jahren mit der Kunst der Fortbewegung zu tun - dreht sich ein großer Teil meines Lebens um Parkour, Free Running, Movement und was es nicht alles noch für Namen für die eine Leidenschaft gibt, die wir alle teilen: Bewegung! Ich hab mir einiges an Wissen und Können angeeignet, vieles hat mir geholfen, manches hat mich verwirrt und anderes entpuppte sich sogar als völliger Blödsinn. Parkour ist nicht auch nur annähernd vergleichbar mit den Hobbies, die vorher meinen Alltag füllten, dafür hat es mich zu stark verändert; meine Art zu denken und zu sehen, meinen Körper und die Art in der ich mich bewege. Ich habe Menschen kennengelernt, die mir viel bedeuten, neue Perspektiven und Orte gesehen, habe geblutet und geschwitzt, Parkour hat mir nicht nur Glück sondern auch Schmerzen und Sorgen bereitet, ich habe viel Zeit investiert um da zu stehen wo ich jetzt stehe, blicke auf eine schöne Zeit zurück und stehe doch vor einem guten Stück Weg, den es noch zu gehen gibt ohne zu wissen wo mich dieser Weg hinführt oder ob es überhaut ein bestimmtes Ziel gibt; diesen geschlängelten Weg, der im weit entfernten Nebel der Zukunft zu verschwinden scheint, kreuzen wieder andere Wege...
Kurz gesagt: Ich stehe am Anfang des vierten Trainingsjahrs und blicke zurück auf drei Jahre gefüllt mit vielen Erfahrungen. Das Wissen, das ich mir in 3 Jahren angeeignet habe, steht für den Anfänger von heute gut zusammengefasst verfügbar auf ein paar Seiten. Und genau das ist der Grund für den Titel dieses Blogs und den ersten Beitrag: Ich bedaure, dass die Leute die heute mit dem Parkour Training beginnen, zwar sehr schnelle Fortschritte machen, weil ihnen in unzähligen Videos alles vorgekaut wird. Aber Parkour ist nicht einfach "mach den Move und hänge dann den Move dran". Es ist wichtig selbst zu leiden, sich selbst was zu erarbeiten auch wenn man dabei mal auf die Schnauze fällt. Den Anfängern von heute fehlt die Möglichkeit eigene Erfahrungen zu sammeln, selbstständig zu denken und zu handeln, ganz nach dem Motto "Trial and Error"

Liebe LeserInnen, ich bedanke mich für das Lesen des ersten Eintrages und verspreche, dass ich auch in Zukunft interessante Beiträge in diesen/meinen Trainingsblog schreiben werde.

Train Hard!

Carlos